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AutorenbildCrazy Vet

Wenn wir einen Patienten gehen lassen müssen - Euthanasie

Ich bin schon lange Tierärztin. Zu meinem Job gehört es auch, Tiere gehen zu lassen, um ihnen unvermeidbares Leid zu ersparen. Oft werde ich gefragt, ob das nicht das allerschwerste in meinem Job ist. Und ich muss sagen: Nein, das ist es nicht. Der Grund ist, dass ich jedes Mal, wenn ich ein Tier erlösen muss, mit mir absolut im Reinen bin. Es gibt dann keine andere, keine bessere Lösung, dem Tier seinen Schmerz, sein oft unsägliches Leid zu ersparen.

Wenn es für einen meiner Patienten so weit sein könnte, wenn nach allen Untersuchungen und Behandlungsversuchen die einzige Lösung eine Euthanasie sein könnte, dann höre ich in mich hinein. Und nur, wenn mein Gefühl mir 100% sagt es ist richtig, mache ich diesen Schritt – gemeinsam mit den Besitzern.

Wenn es irgend möglich ist, fahre ich zu den Besitzern nach Hause. Doch ob dort oder in meiner Praxis – wir versuchen den Moment zu zelebrieren - in der schönst möglichen Stimmung, die umsetzbar ist. Die Besitzer haben so viel Zeit, wie sie brauchen. Sie sitzen in einem eigenen Raum und wir legen das Tier zunächst in Narkose. Die Besitzer nehmen ihren Schatz in den Arm oder streicheln ihn, bis er so tief schläft, dass er nicht mehr das geringste spürt, hört oder fühlt. Nach einer ausgiebigen Verabschiedungszeit spritzen wir dann eine Überdosis Narkosemittel.

Die Zeit mit Tier und Besitzer ist oft sehr hart für mich als Tierarzt. Nicht etwa wegen eines schlechten Gewissens, sondern weil die Trauer der Besitzer mich so mitreißt. Einige sind sehr gefasst. Andere trauern still. Wieder andere weinen so herzzerreißend, dass mir auch die Tränen kommen oder sogar laufen. Ich versuche das zu unterdrücken und zu verstecken. Denn wenn ich die Tränen zulassen würde, hätte ich berechtigte Angst, dass ich in den Strudel der Trauer mit hineingezogen würde und meinen Job nicht zu Ende bringen könnte. Vergessen Sie nicht: Manche Tiere begleite ich bereits von Geburt an. Und viele Besitzer stehen mit nach all den Jahren als Kunden recht nahe.

Ist die letzte Spritze gesetzt, steht das Herz des Patienten nach wenigen Sekunden bis ein/zwei Minuten. Danach dürfen die Besitzer noch bei ihrem Tier bleiben, wenn sie mögen. Sind wir bei uns in der Praxis gehen wir nach vorn und zünden die drei Kerzen an, die dafür extra in unserem Wartebereich stehen. Dann weiß jeder, dass sich hier Menschen von ihrem geliebten Tier verabschieden mussten. Sollten die Besitzer das Tier einäschern lassen wollen, kümmern wir uns um alles. Wir nehmen das Tier mit in die Praxis und erledigen die Formalitäten. Der Tierbesitzer ist dazu oft nicht in der Lage.

Ja, das Erlösen von Tieren ist nichts, das wir jeden Tag machen möchten. Aber es gehört dazu und wir Tierärzte wissen, dass es richtig und wichtig ist, dass wir hier helfen.

Deshalb würden wir auch nie ein Tier einschläfern, weil der Besitzer es aus den falschen Motiven möchte. Leider kommt das häufiger vor! Ob aus Geldmangel (eine Diagnostik und damit eine Beurteilung, ob man dem Tier vielleicht noch helfen könnte, kann nicht bezahlt werden) oder weil ein altes oder krankes Tier einfach lästig geworden ist – Sie glauben gar nicht, was wir da schon erlebt haben. Sogar junge Tiere mit einem Beinbruch, der vielleicht 1500 Euro kosten würde, sollten wir schon einschläfern. Hier muss ganz klar gesagt werden: Nein! Das machen wir nicht, schließlich dürfen auch wir Tierärzte nicht willkürlich und aus falschen Gründen über Leben und Tod entscheiden, auch wenn das viele Menschen glauben. Und wir würden uns strafbar machen. Das Tierschutzgesetz sagt, dass ein Tier nur eingeschläfert werden darf, wenn ihm anders unnötiges Leid nicht erspart werden kann.

Und genau deshalb ist das Erlösen von Tieren für mich kein ethisches oder moralisches Problem. Ich weiß, ich tue jedes einzelne Mal das richtige. Ich helfe damit. Und ich mache es auf dem medizinisch allerbesten Weg. Für das Tier. Immer!

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