„Das will ich ihm nicht mehr antun“ oder Zahnweh adé

(Bildquelle Elias Kensy)

Ich arbeite schon wirklich lange als Tierärztin. Viele, viele Patienten sind durch meine Praxis gelaufen und tatsächlich hat die Tiermedizin sich zum besseren gewandelt. Die Diagnostik-Tools sind besser geworden, die Narkosen sicherer, die Schmerzmittel potenter. Dennoch erlebe ich mehrmals im Jahr eine Situation, die mir das Herz zerschneidet: Da kommt ein Hund oder auch eine Katze in die Praxis zu einer Routinebehandlung. Egal, was ich mache, zur Grunduntersuchung gehört auch ein Zahn-Check. Ich öffne das Maul und ein Geruch schlägt mir entgegen, der mich beinahe ohnmächtig werden lässt. Nachdem ich wieder Luft bekomme, schaue ich mir die Zähne an. Da finde ich Zähne, die von schlimm bis ganz schlimm unter Zahnstein verborgen sind, oft wackeln sie schon stark, weil der Zahnstein bei einigen Zähnen sowohl das Zahnfleisch als auch den Knochen bereits erfolgreich verdrängt hat. Das Zahnfleisch ist stark entzündet und dunkelrot. Wenn ich das Zahnfleisch aus Versehen berühre, zuckt das arme Tier weg.

Wenn ich das Thema anspreche, folgen oft Sätze wie „Ich will ihm die Narkose nicht mehr antun, er ist ja schon alt.“ Oder „Mein Tierarzt sagt, dass die Narkose gefährlicher ist als der Zahnstein.“

Ich kann mir ehrlich gesagt solche Aussagen von Kollegen nicht vorstellen. Denn jeder, der weiß, wie weh uns auch nur eine kleine Zahnfleischentzündung tut, der kann sich annähernd vorstellen, was für Schmerzen unsere Tiere mit solchen Entzündungen erleiden müssen. Spreche ich das an, sagen mir die Besitzer oft: „Nein, der hat keine Schmerzen, der frisst und spielt ja noch.“ Das ist leider ein Irrglaube. Denn erstens gewöhnt sich das Tier langsam an den Schmerz und zweitens ist fressen kein Hinweis auf Schmerzfreiheit. Erfahrene Hundebesitzer wissen: Stellt ein Hund das Fressen ein, hat er größere Probleme als Schmerzen. Wir halten also fest: ein Tier mit rottigen Zähnen und Entzündungen im Maul leidet dauerhaft starke Schmerzen – vor allem beim Fressen – auch wenn der Besitzer das nicht merkt. Was er aber auf jeden Fall merken sollte ist der unerträgliche Gestank. Und wo der herkommt, ist schnell erklärt. Schaut in meinen nächsten Blog, dann schauen wir mal genauer hin.