Liebe Tierbesitzer, liebe Kaninchen-Freunde!
Dieser Text ist mehr als überfällig, denn wieder und wieder stehe ich mit offenem Mund vor Kunden, die mir die erstaunlichsten Ansichten über ihre Haustiere erzählen.
Haustiere sind toll, ganz ganz toll. Ein Hund ist der tollste Partner, eine Katze ebenfalls, Kaninchen sind vielleicht kein Partner, aber ebenso wie Meerschweinchen sind sie super interessant und ein tolles Hobby! Aber jedes Haustier – ausnahmslos jedes kann und wird Kosten verursachen. Mit etwas Glück weniger, vielleicht aber auch mehr. Um es in Zahlen auszudrücken: Ein einfacher Durchfall kann schnell 100 - 300 Euro kosten, ein Beinbruch bei der Katze fängt bei 1500 Euro an. Je nach Komplikation auch weit mehr. Und nein: Wir schläfern eine Katze nicht ein, wenn sie sich ein Bein bricht, weil die Besitzer nicht vorgesorgt haben. Glauben Sie mir, ich wurde bereits mehrfach dazu aufgefordert. Und das zerreißt mir jedes Mal beinahe das Herz.
Deshalb unser Rat: Wenn Sie planen, sich ein Tier anzuschaffen – ob es eine Maus ist, Hund, Katze oder auch ein Pferd – lassen Sie sich von uns oder einem Tierarzt in Ihrer Nähe beraten. Wir können Ihnen genau aufzeigen, was auf Sie zukommt, welche Vorbereitung, welcher Aufwand, welche Kosten, welche Sorgen, ob eine Krankenversicherung sinnvoll ist oder nicht, einfach alles. Denn viel zu oft sind die Tierbesitzer nicht vorbereitet. Was die Haltung und Arbeit angeht, sind Hund und Katze ja noch recht einschätzbar. Aber besonders bei den kleinen Heimtieren – Kaninchen und Meerschweinchen – sieht das gern anders aus. Diese Tiere brauchen sehr viel mehr Aufwand und verursachen auch sehr viel mehr Kosten als die meisten Menschen sich vorstellen.
Nein, ein Kaninchen ist nicht glücklich, wenn es allein im Kinderzimmer wohnt – vielleicht in einem Käfig, der 50 cm breit und einen Meter lang ist. Kaninchen sind gesellig, sie brauchen einen Freund oder eine Freundin zum glücklich sein. Und sie brauchen frische Luft und Bewegungs-Freiheit. Sie werden nie von den Kindern alleine versorgt, da Kinder diese Verantwortung nicht tragen können, also müssen die Eltern ran. Und Kaninchen leben bis zu 12 Jahre. Stirbt eines, braucht das zweite Tier einen neuen Partner. Oder man muss sich entschließen, es abzugeben. Und nein: man kann nicht in den Supermarkt gehen und ein Fertigfutter kaufen, von dem man einen Napf voll alle paar Tage in den Käfig stellt. Hartes Fertigfutter ist für Kaninchen nicht geeignet. Sie brauchen pro Tag und Tier ca. 600g Frischfutter in blättriger Form – jeden Tag, 365 Tage im Jahr. Natürlich kann man die meiste Zeit des Jahres Gras pflücken und damit recht preiswert füttern. Aber im Winter muss man größere Menge Gemüse kaufen und das geht mehr ins Geld als Katzenfutter.
Überhaupt sind Kosten ein ganz großes Problem: Die meisten Menschen, die sich ein Kaninchen für 35 Euro im Zoofachhandel kaufen, denken nicht dabei darüber nach, dass auch Kaninchen krank werden können. Ein krankes Kaninchen kann schnell die 200 Euro überschreiten, wenn man damit hinkommt. Sehr oft hören wir Tierärzte dann: Warum ist die Behandlung eines Kaninchens so teuer? Es ist doch nur ein Kaninchen! Naja, aber für uns Tierärzte ist der Aufwand nicht geringer, als wenn wir eine Katze oder einen Hund behandeln – im Gegenteil. Und wenn wir schon dabei sind: Die Impfung eines Kaninchens gegen RHD, RHD2 und Myxomatose einmal im Jahr kostet pro Tier ungefähr 60 Euro. Ist die Impfung wichtig? Nein, nur wenn Sie die Tiere behalten wollen. Denn bekommt ein Kaninchen RHD, dann verstirbt es innerhalb von 24 Stunden, ohne dass wir Tierärzte etwas dagegen unternehmen können. Und das schlimmste: Alle anderen Kaninchen im gleichen Bestand sterben mit.
Darüber hinaus sind Zwerg-Kaninchen recht überzüchtet: Sie haben oft große Probleme mit den Zähnen (Behandlungskosten pro Jahr mehrere Hundert Euro). Die Zahnprobleme werden durch die falsche Fütterung oft schlimmer.
Im Sommer sollte man einmal täglich unter jedes Tier schauen. Denn bleibt nur ein Stückchen Kot oder etwas Pipi im Fell hängen, legen Fliegen ihre Eier dorthin und – schwupps – innerhalb weniger Stunden schlüpfen Maden und fressen das Kaninchen im wahrsten Sinne Stück für Stück auf.
Also, um das zusammenzufassen: Kaninchen sind süße, tolle und interessante Tiere. Behandelt man sie richtig, hat man ein tolles, langes Leben mit ihnen. Aber bitte: Überlegen Sie vorher, ob das Haustier, dass Sie sich ausgesucht haben, wirklich das richtige für Sie ist – inklusive der unvorhersehbaren Kosten, die es verursachen könnte. Und wenn Sie erkennen, dass Sie einen Fehler gemacht haben, setzen Sie Ihr Kaninchen nicht einfach auf dem Feld aus – wie wir es vor einigen Wochen wieder erlebt haben – denn dort können Zuchtkaninchen nicht überleben. Bringen Sie es ins Tierheim oder fragen Sie uns. Wir sind für Sie da.
Comments