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AutorenbildVet-Mum

Mama, da ist eine Dame mit was Süßem!

Als meine Praxis noch in den Kinderschuhen steckte, war ich alleinerziehende Mutter eines Sohnes. Meine Praxis war bei uns im Haus im Souterrain. So konnte ich gleichzeitig für meinen Sohn da sein und dennoch arbeiten. Mein Sohn – natürlich der liebste und süßeste auf der Welt – half mir gern. Er öffnete die Türe und begleitete die Kunden ins Wartezimmer, wenn ich noch in einer Behandlung war. Die folgende Geschichte passierte, als er ungefähr fünf Jahre alt war und ich werde sie nie vergessen.


Es war früher Nachmittag und ich war noch im Obergeschoss beschäftigt, als es an der Tür klingelte. Mein Sohn rannte hinunter und öffnete die Türe. Gleich darauf rief er zu mir nach oben: „Mama, da ist eine Dame mit etwas Süßem“. (Ich hatte ihm von Anfang an beigebracht bei Frauen von „Damen“ bei Männern von „Herren“ zu sprechen, was auch etwas peinliche Fragen in der Öffentlichkeit irgendwie höflicher machte. Ich habe diese Entscheidung nie bereut!)


Ich habe eine sehr bildliche Vorstellungskraft. Während ich also die Treppe hinunter ging, hatte ich verschiedene Bilder im Kopf, was mein Sohn mit diesem Satz gemeint haben könnte: Vielleicht stand da die Bo-Frost Dame vor der Tür mit der Packung Eis, die ich wegen Werbung der Nachbarn bekommen sollte? Oder eine Kundin, die sich per Schokolade für die gute Behandlung ihres Tieres bedanken möchte? Oder vielleicht eine Freundin, die sich mit Kuchen selbst zum Kaffee einladen will?


Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, dass eine Kundin mit einem Käfig in der Hand vor der Türe stand – ganz ohne Süßigkeiten. Und in dem Käfig saß … ein Kaninchen, flauschig weiß mit Schlappohren. Die Dame grinste breit über die Wortwahl meines Sohnes und ich grinste mit. Mein Sohn aber war begeistert von dem wolligen, süßen Tier. Nur zu gern begleitete er die Dame in den Keller und blieb bei ihr, während ich noch etwas holte und den beiden dann folgte.


Als ich in den Behandlungsraum kam, fand ich eine Kundin vor, der die Tränen über die Wangen liefen. Nein, sie war nicht traurig, sie lachte aus vollem Herzen. Sie lachte und lachte und wollte sich gar nicht mehr einkriegen. Ich fragte natürlich, was los wäre, aber die Dame bekam kaum Luft und konnte schon gar nicht sprechen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich soweit beruhigt hatte, dass sie mir endlich erklären konnte, was in der Zwischenzeit passiert war.


Die beiden waren im Wartezimmer und mein Sohn dürfte das Kaninchen streicheln. Die Dame erklärte ihm, dass sie zwei Kaninchen habe und hatte ihn wohl gefragt, ob wir auch Kaninchen hätten. Mein höflicher Sohn verneinte, um dann kurz darauf ehrlich zu erklären: „Ach doch, wir hatten gestern Kaninchen zum Abendessen“.

Wieder bekam die Kundin ein Lachanfall, während mit kurz erst heiß und dann kalt wurde vor Scham. Mein Lachen fiel dann auch nicht ganz so ausgelassen aus, aber ich musste dann doch mit lachen. Natürlich entschuldigte ich mich dennoch, mein Sohn aber wusste gar nicht, was er da gesagt hatte. Die Kundin war sehr nett und winkte ab. Sie werde diese Geschichte nie vergessen, sagte sie und bedankte sich für die Anekdote, die sie ab sofort in jeder lustigen Runde zum Besten geben wollte… Sie bleib eine treue Kundin.


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