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AutorenbildElsa

Kann das weg oder ist das Kunst?

Die Rede ist von der Wolfskralle des Hundes. Manche Züchter entfernen sie immer noch in den ersten Lebenstagen eines Hundewelpen. Dabei handelt es sich um die Amputation einer gesunden (wenn auch rudimentären) Gliedmaße.

Wolfskrallen, auch Afterkrallen genannt, sind Reste einer ursprünglich an der Hinterpfote vorhandenen 5. Zehe beim Hund. Diese 5. Zehe sitzt auf der inneren Seite der Pfote, entspricht also der großen Zehe des Menschen. In Hunderttausenden von Jahren natürlicher Evolution sind bei den unterschiedlichen Tierarten die Zehen unterschiedlich verschmolzen. Bei den Säugetieren haben nur Primaten die ursprüngliche Zahl von 5 Zehen an Händen und Füßen behalten. Die geringste Zahl von Zehen weisen Einhufer auf: Esel und Pferde laufen tatsächlich nur auf einer einzigen Zehe.

Unsere Hunde laufen vorne und hinten auf je 4 Zehen/Pfote. Die Daumenkralle an der Vorderpfote ist dabei anders aufgebaut als die Afterkralle der Hinterpfote. Man kann es im Röntgenbild sehen: Die Daumenkralle ist noch eine echte Zehe (also eigentlich ein Finger) mit Knochen und Gelenken. Die After- oder Wolfskralle der Hinterpfote ist ein Rudiment ohne besondere Funktion: sie ist bestenfalls mit einer Sehne mit dem Mittelfuß verbunden. Die Wolfskralle wird sehr unterschiedlich bewertet. Einige Rassen weisen selten Wolfskrallen auf, andere häufiger. Und bei einigen Rassen ist sogar eine gedoppelte Wolfskralle erwünscht.

Unabhängig davon wollen manche Hundebesitzer die Wolfskrallen aus Angst vor Verletzungen entfernt haben. Tatsächlich haben früher viel mehr Züchter als heute noch die Wolfskrallen in den ersten Lebenstagen ihrer Welpen entfernt. Betäubt wurden die Welpen nicht. Man hat dabei die damals üblichen Werkzeuge benutzt: Schere, Zange, heißer Draht … und in manchen Fällen wurden die Wolfskrallen einfach mit Bindfäden abgebunden. Von einer solchen mit Faden abgebundenen Wolfskralle habe ich im letzten Jahr sogar ein Foto, gefunden bei einer Kollegin im Netz.

Nun bin ich zwar keine Juristin, aber ich muss bei der Arbeit am Tier Gesetze einhalten und sie zu diesem Zweck auch einigermaßen kennen: Die Entfernung der Wolfskralle ist trotz ihres rudimentären Charakters gleichwertig mit der Amputation einer Gliedmaße. Sie zu entfernen, erfordert also einen vernünftigen Grund. Beim Wirbeltier erfordern schmerzhafte Eingriffe eine entsprechende Schmerzausschaltung, also eine Narkose oder vergleichbar wirksame Maßnahmen und damit automatisch auch eine entsprechende Fachkunde.

Wird ein äußerliches Merkmal entfernt, bleibt es aber in den Genen erhalten. Die Entfernung der Wolfskrallen ist rein kosmetisch. Sie ist züchterisch gesehen eine Verfälschung des Exterieurs; das so behandelte Tier sieht dann züchterisch wertvoller aus als es wirklich ist, wenn man Hunde ohne Wolfskralle züchten will. Welpen aus Elterntieren mit abgeschnittenen Wolfskrallen haben weiterhin Wolfskrallen, das ist ihr Erbe. Will ich das Erbe verändern, muss ich mit Elterntieren züchten, die dieses Merkmal nicht mehr in ihren Genen haben.

Nun also die Frage aus der Überschrift: kann das weg?


Ich meine nein.

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