top of page
AutorenbildVet-Mum

Wow! oder die gespickte Katze

Ich habe eine normale Kleintierpraxis. Doch ab und an ist es hier alles andere als normal. Das muss ich immer wieder feststellen. Es passieren traurige Dinge und es passieren gute Dinge und manchmal passieren Dinge, die einem hinterher niemand mehr glaubt. Heute möchte ich eine solche Geschichte erzählen.

Eines Tages kam eine gute Freundin in die Praxis. Ich hatte immer ein bisschen Angst, ihre Tiere zu behandeln, weil es ihre absoluten Herzchen sind. Was, wenn ich was falsch machen würde oder etwas übersehen würde? Heute machte sie sich Sorgen um ihren Lieblingskater. Er hieß Dropsi und nieste seit ein paar Tagen immer wieder. Und wenn er anfing, konnte er einige Minuten nicht mehr aufhören. Ich machte, was ein Tierarzt eben so macht: Ich maß die Temperatur, ich hörte Herz und Lunge ab, ich kontrollierte die Lymphknoten. Nichts, absolut alles normal. Er nießte auch nicht. Ich nahm mein Otoskop und versuchte in die Nase zu schauen – keine Chance. Der Kater wehrte sich gegen das Eindringen der Sichtmuschel in die enge Nase.

Obwohl ich zu dem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass ich vielleicht etwas übertreibe, schlug ich vor, den Kater zu sedieren, um richtig in die Nase zu schauen (immerhin war es der Kater meiner Freundin. Sie hätte nie akzeptiert, dass ich nicht richtig schaue!). Ich bekam das Einverständnis und legte das Schatzerl ab. Dann schaute ich so tief in die Nase wie ich konnte. Doch nichts, absolut nichts.

Mittlerweile war ich etwas frustriert, so wie es bei uns Tierärzten häufiger vorkommt. Schließlich können uns unsere Patienten nicht wirklich sagen, wo es zwickt. Während ich noch so verzweifelt vor mich hindachte, fiel mir ein kleiner, gelber Punkt hinter den oberen Schneidezähnen des Katers auf. Nur auf Verdacht nahm ich eine feine Pinzette und versuchte, den seltsamen Punkt zu greifen. Es gelang mir. Doch was dann kam, hätte ich nie erwartet. Ich zog eine dicke und locker 1,5 cm lange Granne (Grassamen) aus dem Kiefer des Katers. Meine Freundin war verständlicherweise total happy. Ich auch; ich hatte das Problem gefunden – durch Zufall, okay, aber egal. Ich war eine Heldin. Doch halt: Da war doch noch etwas? Ich schaue genauer hin und ja: da war noch so ein kleines Stippchen. Erneut Pinzette geschnappt und Stippchen geschnappt. Noch eine Granne…

Und ich könnte die Geschichte jetzt noch wirklich in die Länge ziehen. Aber kurz gefasst passierte dieses kleine Wunder genau 14 Mal. Ja, Sie hören richtig: Ich habe dem armen Katerchen 14 Grannen aus dem Kiefer gezogen. Grannen kommen häufig vor: im Ohr, in der Nase, in den Pfoten oder auch im Auge. Aber im Kiefer kommen sie so gut wie nie vor. Unsere Theorie war nun, dass der arme Kater sich beim Einatmen eine ganze Rispe mit Grannen in die Nase katapultiert hat. Da die Rispe nicht wieder raus konnte, haben sich die Grannen einen Weg durch den Nasenboden in den Kiefer gesucht. Krass.

Dem Kater ging es jedenfalls schnell wieder gut. Da wir aber nicht wussten, ob wir alles erwischt hatten, schickten wir ihn zur Sicherheit noch in die Klinik. Dort wurde per Endoskopie der ganze Nasen-Rachenraum untersucht. Wir hatten es geschafft: Alle Grannen waren entfernt. Bis heute ist Dropsi ein Grannen freier, glücklicher Kater 😊







81 Ansichten1 Kommentar

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

댓글 1개


jonah
2022년 6월 26일


좋아요
bottom of page